Heft 3 / 2001:
Datenspuren
Überwachung in der digitalen Welt
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Südafrika: keine Patentrezepte gegen Aids
 

In Südafrika sind nach Angaben der UNESCO ca. 10 % der Bevölkerung von HIV oder Aids betroffen. Medikamente, die den Ausbruch der Krankheit hemmen und die Lebenserwartung der Patienten steigern, sind zu Weltmarktpreisen nicht finanzierbar. Diese sind durch das im TRIP-Abkommen (trade-related intellectual property rights, Trips) der WTO geregelte internationale Patentrecht geschützt.
In dieser Notsituation erließ die Südafrikanische Regierung 1997 ein Gesetz (den "Medicines and Related Substances Control Act"), um Medikamente billiger und sie damit der breiten Bevölkerung zugänglich machen zu können. So ist u. a. die erleichterte Erteilung von Zwangslizenzen und auch der Import von patentrechtswidrig hergestellten Generika vorgesehen. Zwangslizenzen sind Lizenzen zur Produktion unentbehrlicher Medikamente, die durch Patentrecht geschützt sind, bei denen den ErfinderInnen Geld für das Patent gezahlt, aber das Präparat dann durch kostengünstigere AnbieterInnen produziert wird. Generika sind billige Nachahmerprodukte, die eigentlich erst nach Ablauf des Patentschutzes erlaubt sind (in der BRD z. B. Ratiopharm).
Hiergegen hatten 39 um ihre Monopole besorgte Arzneimittel-Hersteller (darunter Boehringer-Ingelheim, Bayer und Hoechst) in Pretoria Klage eingereicht: sie fürchteten einen Präzedenzfall mit Signalwirkung für andere Dritte Welt Staaten. Die Notlage ist eindeutig, aber die Rechtslage kompliziert: Das Trips selber erlaubt, in Fällen des Nationalen Notstandes Patentrechte zu umgehen, dies aber nur begrenzt: Die Vergabe von Zwangslizenzen wird auf den Binnenmarkt eines Landes beschränkt, so daß Staaten ohne eigene Forschung davon nicht profitieren können. Für eine Einhaltung des Patentschutzes jenseits der gesetzlichen Grundlage sorgt in vielen Fällen auch die Handelspraxis der USA, Länder, die Generika produzieren oder importieren, wie z. B. Brasilien, mit Strafzöllen und Handelsembargos zu traktieren. Eins bezweifelt außer der Pharmazeutischen Industrie wohl niemand mehr: in der aktuellen Anwendung kollidiert das Trips mit Menschenrechten wie dem Recht auf Leben Gesundheit und dem Recht, vom wissenschaftlichen Fortschritt zu profitieren.
Der Streit wurde nun beigelegt; die Südafrikanische Regierung und die Unternehmen haben sich, auch angesichts weltweiter Proteste, außergerichtlich geeinigt. Das Gesetz kann in kraft treten. Es wird in Südafrika (und absehbar auch in anderen betroffenen Entwicklungsländern) nun möglich sein, Medikamente zu viel niedrigeren Preisen (geschätzte 90 % unter dem aktuellen Niveau) anzubieten. Dies lenkt den Blick auf die weiterhin ungelösten Probleme: auch zu Produktionspreisen sind die Präparate für viele Patienten und Volkswirtschaften noch unerschwinglich und wird Prävention durch Aufklärung nicht konsequent genug betrieben.

Maike Hellmig, Köln.