|
Ende März 2001 rollte erstmals seit vier Jahren wieder ein Atommülltransport
in das niedersächsische Zwischenlager Gorleben, der erste unter rot-grüner
Regierung. Seit dem letzten Transport hat sich einiges getan in der deutschen
Atompolitik. In Berlin regiert erstmals eine Koalition, die sich den Ausstieg
aus der Kernenergie vorgenommen hat. Die Atomgemeinde ist nicht mehr unter
sich in den Sicherheitskommissionen und Fachbehörden des Bundes.
Allerdings scheint der Regierungswechsel keinerlei Einfluss auf den Umgang
mit Anti-AKW-DemonstrantInnen zu haben. So werden heute unter rot-grüner
Regie die WeggefährtInnen von einst im Namen des Atomkonsenses von behelmten
PolizistInnen zusammengeknüppelt. Im Zusammenhang mit den diesjährigen
Protesten ist noch auf eine interessante Tendenz hinzuweisen. Und zwar
zeichnet sich ab, dass VertreterInnen der Bundes- und einiger Landesregierungen
versuchen, mit wirtschaftlichen Sanktionen Menschen von Protesten abzuhalten.
So wurde im Anschluss an die spektakuläre Protestaktion von Robin Wood,
bei der sich vier DemonstrantInnen im Gleisbett hatten einbetonieren lassen,
von den neun Länder-InnenministerInnen, die der CDU, CSU angehören, angeregt,
die Gemeinnützigkeit der Umweltschutzorganisationen Robin Wood und Greenpeace
kritisch zu überprüfen, mit dem Ziel sie nicht länger von steuerbefreiten
Spenden profitieren zu lassen. Gleichzeitig kündigte Bundesinnenminister
Schily Schadensersatzforderungen gegen diese BlockiererInnen und ihre
HelferInnen an.
Ferner müssen in Baden-Württemberg DemonstrantInnen, die von der Polizei
bei Sitzblockaden weggetragen wurden, mit Gebührenbescheiden in Höhe von
ca. 230 DM rechnen. Rechtsgrundlage dieser Gebührenbescheide ist eine
in den 80er Jahren vom damaligen baden-württembergischen Innenminister
Roman Herzog erlassene Vollstreckungskostenverordnung. Klares Ziel dieser
wirtschaftlichen Repressionen ist es, Menschen in der Ausübung ihrer in
Artikel 8 Grundgesetz verbürgten Demonstrationsfreiheit einzuschränken.
Angesichts der weiterhin bestehenden Missstände ist Protest jedoch dringend
notwendig. Zu nennen wären da die viel zu langen Restlaufzeiten, welche
eindeutig zugunsten der KraftwerksbetreiberInnen und ihrer Profitinteressen
ausgehandelt wurden.
Ferner ist der von der rot-grünen Koalition erst für das Jahr 2005 geplante
Wiederaufarbeitungsstop angesichts der Sinnlosigkeit und Schädlichkeit
der Wiederaufarbeitung viel zu spät. Und schließlich ist nach wie vor
die Entsorgungsfrage ungelöst. Wer aber nicht entsorgen kann, müsste eigentlich
abschalten.
Lena Dammann, Hamburg.
|
|