Das Widerstandsrecht ist ein Instrument zur Auflehnung gegen eine Unrechtsherrschaft. Grundsätzlich ist davon das Recht eines Subjekts umfasst, gegen unrechtmäßige Akte der Staatsgewalt Widerstand zu leisten. Abzugrenzen ist das Widerstandsrecht von der Revolution und vom zivilen Ungehorsam. Die Revolution beruht auf dem Willen, eine komplett neue Ordnung zu schaffen. Diese neue Idee wird von einer handelnden Macht gesteuert, deren Ziel es ist, die etablierten Autoritäten zu ersetzen, um die neuen Leitprinzipien in die soziale Organisation einzuführen. Das Widerstandsrecht dagegen will als „konservatives Symbol“ die bestehende Ordnung verteidigen. Der zivile Ungehorsam meint die Nichtbeachtung einer einzelnen Bestimmung oder eines Normenbündels aus moralischen oder sittlichen Gründen durch Beherrschte. Unklar ist, was das Widerstandsrecht umfasst: Welche Handlungen von welchen Personengruppen sind erlaubt? Auf diese Fragen gibt es sehr unterschiedliche und abstrakte Antworten, wobei dem Widerstandsrecht symbolischen und politischen Charakter zuerkannt wird.
Seitdem Menschen in Gesellschaften leben, erfahren sie Unterdrückung und Tyrannei. Als erstes bekanntes Werk zur Tyrannei gilt die Tragödie „Antigone“ des griechischen Dichters Sophokles. Die Heldin des Stücks stellt sich gegen den Tyrann Kreon und muss ihren Ungehorsam mit dem Leben bezahlen – die Idee des Ungehorsams bzw. Widerstands gegen ungerechte Staatsführung ist geboren. Die Entstehung eines Widerstandsrechts bis hin zu ausformulierten Verfassungsartikeln braucht Jahrhunderte. Mit Beginn der Neuzeit interessieren sich verschiedene Philosophen für ein Recht auf Ungehorsam. Besondere Bedeutung misst der Philosoph John Locke einem Recht auf Widerstand in seiner Staatsrechtslehre zu. Eine moralische Pflicht, absoluten Rechtsgehorsam zu leisten, existiert in der Theorie Lockes nicht. Er erkennt das Recht auf Widerstand gegen eine Regierung an, die sich nicht (mehr) im Rahmen ihrer legitimen Befugnisse bewegt – darunter fasst er auch die Tyrannei. Die abstrakten philosophischen Überlegungen zu einem Widerstandsrecht und einem Recht auf Ungehorsam werden der Praxis ausgesetzt. Die politische Philosophie Lockes findet Eingang in die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung und die Französische Revolution im 18. Jahrhundert, und in der Folge ein schriftliches Recht auf Widerstand in die amerikanische Unabhängigkeitserklärung und in die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte.
Erst im 20. Jahrhundert wird das Widerstandsrecht stärker rezipiert. Dabei ist bemerkenswert, dass ein solches Recht teilweise nach dem Ende von autoritären Regimen oder Diktaturen in die neuen Verfassungen geschrieben wird. So enthält beispielsweise die Verfassung von Portugal vom 2. April 1976 nach dem Ende der Diktatur unter António de Oliveira Salazar ein ausführliches Widerstandsrecht. Auch bei Ländern, die sich gegen ihre Abhängigkeit von einem anderen Staat zur Wehr setzten, tauchen ähnliche Normen in ihren neuen Verfassungen auf – so beispielsweise bei vielen Staaten der ehemaligen Sowjetunion wie Litauen und Estland.
Eine Regel, dass nach dem Erfahren einer Diktatur oder systematischen Unterdrückung in jedem Fall ein Widerstandsrecht in eine Verfassung aufgenommen wird, kann jedoch mangels konsequenter Belege nicht hinreichend festgestellt werden. So enthielt auch das deutsche Grundgesetz 1949 zunächst kein Widerstandsrecht. Nach dem Zweiten Weltkrieg entschied der parlamentarische Rat, ein solches Recht verfassungsrechtlich nicht zu verankern. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes begründeten dies insbesondere damit, dass es sich als eine „Aufforderung zum Landfriedensbruch“ auswirken könne. Überdies sollte – wenn auch nur unausgesprochen –das Grundgesetz der Bundesrepublik eine Abgrenzung zur Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik von 1949 darstellen, die ein, wenn auch nur eingeschränktes, Widerstandsrecht beinhaltete. In der Folgezeit setzte sich das Bundesverfassungsgericht im KPD-Urteil 1956 mit der Frage auseinander, ob dem Grundgesetz ein Widerstandsrecht inhärent ist. Das Gericht gab keine eindeutige Antwort auf diese Frage, doch lässt das Urteil einen positiven Schluss auf die Annahme eines übergesetzlichen Widerstandsrechts zu. Art. 20 Abs. 4 GG wurde erst im Rahmen der sogenannten Notstandsgesetzgebung 1968 in die Verfassung eingeführt. Letztendlich wurde das Widerstandsrecht mit der Begründung eingeführt, sich sowohl gegen einen Staatsstreich durch staatliche Organe sowie gegen einen solchen „von unten“ zur Wehr setzen und gegenüber den umstrittenen Freiheitsbeschränkungen für den Notstandsfall ein neues Individualgrundrecht als Äquivalent bieten zu können. Es lässt sich also zumindest vermuten, dass die Idee und die Bereitschaft, ein solches Recht in eine Verfassung aufzunehmen, durchaus durch die Erfahrungen in einem diktatorischen oder tyrannischen Regime ausgelöst werden können.
Als Beispiel für diese Überlegung kann auch die Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 angeführt werden. Die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete Erklärung enthält in der Präambel die Erwähnung, dass Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung als letztes Mittel gewährt wird. Die meisten der 193 Unterzeichnerstaaten haben in ihren eigenen Verfassungen kein Widerstandsrecht vorgesehen. Der Kontext der Erklärung – das nationalsozialistische Deutschland und der Holocaust – erklärt, weshalb es der internationalen Gemeinschaft so wichtig schien, das Widerstandsrecht in die Präambel zu schreiben.