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In Art.12 a IV GG n.F. heißt es:
" Kann im Verteidigungsfall der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im
zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen
Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden,
so können Frauen vom vollendetenachtzehnten bis zum vollendeten fünfundzwanzigsten
Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen
herangezogen werden.
Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden."
Frauen und Bundeswehr. Zwei Begriffe, die lange Zeit unvereinbar waren.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern wurde den Frauen in Deutschland
der Zugang zu fast allen militärischen Berufen verwehrt. Nach dem Urteil
des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 11. Januar 2000
1 hat sich das nun geändert. Die Bundesregierung hat
sich dazu entschlossen, alle Laufbahnen der Bundeswehr für Frauen zu öffnen.
Dass dieser Schritt zu mehr Gleichberechtigung so lange auf sich warten
ließ, ist im Wesentlichen auf das Grundgesetz zurück zu führen ...
Entwicklung des Art. 12a Abs. 4 Satz 2 Grundgesetz (GG)
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand die Bundesrepublik Deutschland als
Staat ohne Armee und mit einem Grundgesetz ohne wehrrechtliche Bestimmungen.
Nachdem die Diskussion über die Wiederbewaffnung schließlich in der Aufstellung
von Streitkräften in Form einer Wehrpflichtarmee mündete, wurde auch das
Grundgesetz 1956 der neuen Lage angepasst.
Frauen sollten von Militärdiensten jedoch verschont bleiben. In dem damals
in Art. 12 GG eingefügten Absatz 3 hieß es: "Frauen dürfen nicht zu einer
Dienstleistung im Verband der Streitkräfte durch Gesetz verpflichtet werden.
Zu einem Dienst mit der Waffe dürfen sie in keinem Fall verwendet werden."
Dabei sollte der zweite Satz klarstellen, dass auch ein freiwilliger Waffendienst
von Frauen nicht in Betracht kommt. 2
Zur Begründung sagte die Vorsitzende des Rechtsausschusses Frau Dr. Schwarzhaupt:
"Es kam dem Rechtsausschuss darauf an, dass mit programmatischem Nachdruck
im Grundgesetz ausgesprochen wird, dass unsere Auffassung von der Natur
und der Bestimmung der Frau einen Dienst mit der Waffe verbietet. [...]
Wir glaubten, diese Grundauffassung ausdrücklich festlegen zu müssen,
gerade in Gedanken an die militärischen Dienste, in die Frauen unseres
Volkes in der Vergangenheit [...] hineingezogen wurden."
3
Mehr als zehn Jahre später wurde im Rahmen der "Notstandsverfassung" Art.
12a ins Grundgesetz eingeführt, nach dessen Absatz 4 Frauen im Verteidigungsfall
zu zivilen Dienstleistungen herangezogen werden können. Im folgenden Satz
heißt es: "Sie dürfen auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten." Er
wurde fast unverändert aus dem ehemaligen Art. 12 Abs. 3 GG übernommen.
Nach Ansicht der herrschenden Meinung war damit im Grundgesetz klar festgelegt,
dass Frauen auch freiwillig und in Friedenszeiten keinen Dienst mit der
Waffe leisten durften. 4
Erst das Urteil des EuGH vom 11. Januar 2000 führte zu einer Änderung
dieses Satzes, der nun einem freiwilligen Waffendienst eindeutig nicht
mehr entgegensteht. Er lautet jetzt: "Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst
mit der Waffe verpflichtet werden". Die dafür nach Art. 79 Abs. 2 GG erforderliche
Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat wurde (am 27.10.00 und
1.12.00) deutlich überschritten.
Ehemalige Frauenberufe in der Bundeswehr
Die bis vor kurzem noch geltende herrschende Auffassung vom Verständnis
des Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG alte Fassung (a.F.) hatte natürlich Konsequenzen
für die Auswahl an Berufen, die Frauen in der Bundeswehr ergreifen konnten.
Sie wurden zunächst nur als zivile Mitarbeiterinnen angestellt. Ab 1975
konnten sich Frauen als Ärztinnen, Zahnärztinnen, Tierärztinnen oder Apothekerinnen
freiwillig für den Sanitätsdienst verpflichten. Seit 1991 konnten sie
in allen Bereichen des Sanitäts- und Militärmusikdienstes nach freiwilliger
Verpflichtung tätig werden (§ 1 Abs. 2 Satz 3 Soldatengesetz (SG) a.F.;
§ 3a Soldatenlaufbahnverordnung (SLV) a.F.).
Die Aufnahme der Frauen als Soldatinnen des Sanitätsdienstes bedurfte
natürlich einer Begründung, die mit dem vorherrschenden Verständnis des
Art. 12a Abs. 4 GG a.F. in Einklang stand. Die ist deshalb nicht so einfach,
weil der Normzweck des Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG a.F. nicht nur darin
gesehen wird, Frauen an bewaffneten Kampfhandlungen zu hindern, sondern
sie auch unabhängig von ihrem Willen vor einer feindlichen Waffeneinwirkung
zu schützen. 5
Ein Blick ins Kriegsvölkerrecht hilft hier weiter. Nach den Genfer Rot-Kreuz-Abkommen
vom 12.08.1949 gehören die Angehörigen des Sanitäts- und Seelsorgepersonals
nicht zu den sogenannten Kombattanten, die unmittelbar an den Feindseligkeiten
teilnehmen dürfen.
Also kann man die Gefahren, vor denen Art. 12a Abs. 4 GG die Frauen schützen
soll, abwenden, indem sie nur als Sanitätssoldatinnen in die Bundeswehr
aufgenommen werden. Der Militärmusikdienst stellt hier auch kein Problem
dar, weil er im Verteidigungsfall aufgelöst und in den Sanitätsdienst
überführt wird.
Was passiert aber, wenn sich eine Kriegspartei nicht an das Völkerrecht
hält und auch Sanitätseinrichtungen angreift? Dann sollen Frauen natürlich
nicht schutzlos dastehen und dürfen zur Selbstverteidigung auch die Waffe
einsetzen. 6 Für diesen Zweck ist
also eine freiwillige Ausbildung an der Waffe erlaubt. Dies zeigt, dass
das "umfassende Schutzgebot" (so das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG))
des Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG a.F. im Konfliktfall, für den es ja gerade
geschaffen wurde, sein Ziel nur erreicht, wenn sich die Kriegsparteien
völkerrechtskonform verhalten. Ob sie das immer tun werden, darf bezweifelt
werden.
Schutz der Frauen gegen ihren Willen?
Dass Frauen durch Art. 12a Abs. 4 GG vor einem militärischen, aufs Töten
ausgerichteten Zwangsdienst bewahrt werden sollen, ist zu begrüßen. Zumal
dessen Berechtigung auch bei Männern angezweifelt werden kann (und auch
wird). Warum aber sollten Frauen gegen ihren Willen davor geschützt werden,
sich freiwillig selbst in Gefahr zu bringen? Sind Frauen etwa weniger
als Männer dazu in der Lage, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen?
Nach Art. 3 Abs. 2 GG sind Männer und Frauen gleichberechtigt und Art.
33 Abs. 2 GG gewährt gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Dem stand
die Ungleichbehandlung von Soldatinnen und Soldaten auf Grund des Art.
12a Abs. 4 Satz 2 GG a.F. nach Ansicht des BVerwG nicht entgegen, da dieser
Artikel eine gleichheitsrechtliche Sonderregelung darstelle, die als Spezialvorschrift
Vorrang hat. 7 Diese schon vor den
Entscheidungen des BVerwG herrschende Ansicht ist erst vereinzelt, in
den letzten Jahren aber immer stärker auf Kritik gestoßen. Die Gegenmeinung
sieht in Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG a.F. kein Verbot für einen freiwilligen
Waffendienst von Frauen. 8 Das Waffendienstverbot
aus Satz 2 der alten Fassung könne so verstanden werden, dass es sich
nur auf Satz 1 beziehe. Damit gelte es nur für die dort geregelte Zwangsverpflichtung
im Verteidigungsfall.
Diese Ansicht hat den Vorteil, dass sie das Spannungsverhältnis zwischen
Art. 12a Abs. 4 GG und den Gleichbehandlungsgeboten des Grundgesetzes
lockert und auch dem Wandel der Gesellschaft in dieser Frage besser gerecht
wird. Es ist aber nicht unproblematisch, aus dem Wortlaut einer Norm etwas
herauslesen zu wollen, was so nicht dort hineingeschrieben wurde (vgl.
oben Entstehungsgeschichte).
Da das Bundesverfassungsgericht keine bindende Entscheidung über die Auslegung
des Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG a.F. getroffen hat, hätte diese Meinung
durchaus Chancen gehabt, sich durchzusetzen.
Die Entscheidung des EuGH
Dieser Meinungsstreit hat allerdings durch das Urteil des Europäischen
Gerichtshofes (EuGH) vom 11. Januar 2000 eine neue Wendung erhalten. Der
EuGH hatte entschieden, dass die deutschen Bestimmungen, die Frauen allgemein
vom Dienst mit der Waffe ausschließen, gegen die europäische Richtlinie
76 / 207 / EWG vom 09.02.1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung
von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur
Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen
verstoßen. 9
Vorraussetzung für die Anwendung der Richtlinie auf Wehrdienstverhältnisse
ist, dass die Europäische Gemeinschaft (EG) dafür auch eine Regelungskompetenz
besitzt. Nach dem sogenannten Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung
(Art. 5 des Vertrags über die europäische Union (EUV); Art. 5 Abs. 1 des
Vertrags zur Gründung der europäischen Gemeinschaft (EGV)) bedürfen die
Rechtsakte der EG einer Rechtsgrundlage innerhalb der Verträge.
10 Für den Bereich der Verteidigung finden sich im
EGV aber keine Normen, die der Gemeinschaft Kompetenzen zuweisen. Der
EU-Vertrag enthält zwar in den Art. 11ff. Bestimmungen über die gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Insbesondere soll nach Art. 17 Abs.
1 EUV eine gemeinsame Verteidigungspolitik geschaffen werden. Dieses Ziel
ist bislang aber noch nicht erreicht, so dass für Regelungen zu Fragen
der Sicherheitspolitik die Mitgliedsstaaten zuständig sind.
Das BVerwG ist deshalb der Ansicht, dass auch die Regelungen über den
Zugang zum Dienst als Soldat und Soldatin in die ausschließliche Zuständigkeit
der Mitgliedsstaaten gehöre, so dass die Richtlinie hier nicht anwendbar
sei. 11
Der EuGH hingegen sieht Entscheidungen über die Organisation der Streitkräfte
nicht als vollständig dem Gemeinschaftsrecht entzogen an. Die Gleichbehandlungsrichtlinie
gehöre zu den Sozialvorschriften. Sie habe allgemeine Geltung und sei
auf öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse, also auch auf Dienstverhältnisse
in den Streitkräften, anwendbar. 12
Dem EuGH kann hier im Ergebnis zugestimmt werden. Die Gleichstellung von
Männern und Frauen ist seit 1997 in dem heute geltenden EGV (Vertrag von
Amsterdam) in seinen Artikeln 2 und 3 Abs. 2 ausdrücklich als Aufgabe
der Gemeinschaft genannt, also ins europäische Primärrecht (gewissermaßen
das Verfassungsrecht der EG) erhoben worden. Warum sollte dieses vorrangige
Ziel bei dem Zugang zu Berufen in den Streitkräften nicht gelten? Die
Art. 2 und Art. 3 Abs. 2 EGV und die Gleichbehandlungsrichtlinie zielen
ja nicht auf Sicherheitsbelange der nationalen Streitkräfte, für die ausschließlich
die Mitgliedsstaaten zuständig sind. Oder wird etwa die Funktionsweise
der Verteidigung dadurch beeinträchtigt, dass Frauen den Beruf Soldatin
ausüben? Dann müsste die US-amerikanische Armee mit ihren fast 15% Frauenanteil
erheblich an Schlagkraft verloren haben, wovon keine Rede sein kann.
Sollte das Geschlecht tatsächlich eine "unabdingbare Voraussetzung" für
den Beruf darstellen, kann die Anwendung der Richtlinie nach ihrem Art.
2 Abs. 2 ausgeschlossen werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH können
solche Ausnahmen aber nur spezifische Tätigkeiten betreffen. Speziell
im Verteidigungsbereich müssen sie das Ziel verfolgen, die öffentliche
Sicherheit zu gewährleisten und angemessen und erforderlich sein, um dieses
Ziel zu erreichen. Das kann nach dem EuGH zum Beispiel für die Verwendung
in einer speziellen Kampftruppe zutreffen. 13
In Deutschland sind Frauen jedoch pauschal von fast allen militärischen
Tätigkeitsbereichen ausgeschlossen. Es wird also nicht geprüft, ob Frauen
für bestimmte Tätigkeiten geeignet sind oder nicht. Das deutsche Waffendienstverbot
für Frauen beruht nicht auf militärischen Notwendigkeitserwägungen. Gerade
bei dem heute hohen Grad an Technisierung ist es kaum mehr nachvollziehbar,
warum Frauen nur aufgrund etwaiger geschlechtsspezifischer Besonderheiten
generell vom Beruf als Soldatin ausgeschlossen werden müssen.
Der EuGH sieht das deutsche allgemeine Waffendienstverbot für Frauen also
zu Recht als unverhältnismäßig an, so dass es nicht vom Ausnahmetatbestand
des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie gedeckt ist.
Auch eine Rechtfertigung nach Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie, der Vorschriften
zum Schutz der Frau insbesondere bei Schwangerschaft und Mutterschaft
zulässt, verneint der EuGH. Denn die Gefahren, vor denen Art. 12a Abs.
4 Satz 2 GG a.F. die Frauen schützen soll, betreffen Frauen und Männer
gleichermaßen, so dass nicht frauenspezifische Schutzbedürfnisse erfüllt
werden.
Folgen der Entscheidung
Das Urteil des EuGH hat erhebliche Konsequenzen für die deutsche Rechtslage.
Richtlinien verpflichten die Mitgliedstaaten zur Umsetzung der darin festgelegten
Ziele (Art. 249 Abs. 3 EGV).
Der Widerspruch der deutschen Bestimmungen zu der Gleichbehandlungsrichtlinie
von 1976 zeigen, dass sie nicht vollständig umgesetzt wurde. Da sie aber
so konkret gefasst ist, dass sich daraus direkt Rechte ableiten lassen,
wirkt sie unmittelbar. 14 Das
bedeutet, dass sie wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts
die entgegenstehenden deutschen Vorschriften der § 1 Abs. 2 Satz 3 SG
und § 3a SLV unanwendbar macht. Dies gilt auch für die verfassungsrechtliche
Regelung in Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG a.F., wenn man ihr, wie die herrschende
Meinung und Staatspraxis, auch ein Verbot des freiwilligen Waffendienstes
von Frauen entnimmt. Probleme des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts vor
Grundrechten ergeben sich hierbei nicht, da Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG
a.F. kein Grundrecht, sondern eine Beschränkung der Berufsfreiheit und
der Gleichheitssätze der Art. 3 Abs. 2, 3 GG und Art. 33 Abs. 2 GG darstellt.
Wenn man Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG a.F. mit der Mindermeinung als auslegungsfähig
ansieht, kann man ihn richtlinienkonform auslegen und vermeidet seine
Unanwendbarkeit. In ihrem am 11. September 2000 dem Bundestagspräsidenten
vorgelegten "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes
und anderer Vorschriften" hatte sich die Bundesregierung zunächst für
diese Möglichkeit und gegen seine Änderung entschieden.
15 Der Widerstand der Unionsparteien führte dann
aber zu dem Entschluss für die nun erfolgte Grundgesetzänderung.
16
Der Zugang zu den lukrativen Berufen bei dem größten öffentlichen Arbeitgeber
Bundeswehr richtet sich nun wie bei jedem anderen öffentlichen Amt nur
nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG).
17 Allerdings muss auch dafür Sorge getragen werden,
dass die Gleichstellung auch in der praktischen Umsetzung verwirklicht
wird. Die Erfahrungen in den anderen Ländern zeigen, dass Frauen gerade
in den männerdominierten Streitkräften nicht selten internen Benachteiligungen
und Belästigungen ausgesetzt sind.
Gleichberechtigung kontra Pazifismus?
Dieser Schritt zu mehr Gleichberechtigung kann auch als Rückschritt auf
dem Weg in Richtung Pazifismus angesehen werden. Will man beides erreichen,
steht man vor einem Dilemma. Der einfachste Weg ist sicherlich der, den
die Mehrheit der PDS-Fraktion bei der Abstimmung im Bundestag gewählt
hat: sich der Stimme zu enthalten, 18
sich also gar nicht zu entscheiden. Damit wird aber weder das eine noch
das andere Ziel vorangebracht.
Die Entscheidung, Frauen nicht länger den Zugang zu dem Soldatinnenberuf
zu verwehren, bedeutet in erster Linie eine Abkehr von der Bevormundung
von Frauen. Gerade dadurch, dass Frauen durch das Verbot eines Waffendienstes
keine Friedfertigkeit mehr vorgeschrieben wird, enthält eine Entscheidung
für Pazifismus mehr Gewicht und gesellschaftliche Anerkennung.
Ein wirklicher Schlag ins Gesicht des Pazifismus, wäre aber eine Wehrpflicht
für Frauen. Diese ist jedoch durch den neuen Satz 2 des Art. 12a Abs.
4 GG ausdrücklich ausgeschlossen. Die jetzt erfolgte Änderung muss auch
nicht zwangsläufig ein Weg in diese Richtung darstellen. Zum einen könnte
die Ungleichbehandlung bei der Wehrpflicht durch die für Frauen immer
noch bestehenden Nachteile aufgrund Hausarbeit und Kinderbetreuung gerechtfertigt
sein und zum anderen eröffnet Art. 12a Abs. 1 GG auch für Männer nur die
Möglichkeit einer Wehrpflicht. Vorgeschrieben wird sie nicht.
Insgesamt betrachtet kann die Änderung des Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG also
als gesellschaftlicher Fortschritt angesehen werden.
Egmont Neubauer studiert Jura in Freiburg.
Anmerkungen:
1 EuGH, Urteil v. 11.01.2000, Rs.
C-285/98 (Kreil), in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2000,497ff.
2 Deutscher Bundestag (BT), 132.
Sitzung v. 06.03.1956, Stenographischer Bericht, Bd. 28, 6857.
3 Deutscher Bundestag (BT), 132.
Sitzung v. 06.03.1956, Stenographischer Bericht, Bd. 28, 6819f.
4 Vgl. z.B. Scholz in Maunz-Dürig
Art. 12a Rn. 198; BVerwGE 103,301.
5 BVerwGE 103,301[304].
6 Scholz in Maunz-Dürig § 12a Rn.
201; Gornig in v. Mangoldt/Klein/Starck § 12a Rn. 165.
7 BVerwGE 103,301[303]; BVerwGE
in Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 1999,1437f.
8 zuerst Berg in Neue Zeitschrift
für Wehrrecht (NZWehrr) 1979,81ff.; später z.B. Slupik in Zeitschrift
für Rechtspolitik (ZRP) 1990,305f.; Brocker in ZRP 1996,127f.
9 EuGH, Urteil v. 11.01.2000, Rs.
C-285/98 (Kreil), in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2000,497ff.
10 Oppermann, Europarecht Rn.
513.
11 BVerwGE in Deutsches Verwaltungsblatt
(DVBl.) 1999,1437[1439].
12 EuGH, Urteil v. 11.01.2000,
Rs. C-285/98, (Kreil), Rn. 18.
13 EuGH, Urteil v. 26.10.1999,
Rs. C-273/97, (Sirdar), Rn. 32.
14 Vgl. Oppermann, Europarecht
Rn. 556.
15 Bundestags-Drucksache 14 /
4062.
16 Vgl. Süddeutsche Zeitung v.
13.10.2000, 5.
17 Bundestags-Drucksache 14 /
4380, 3.
18 siehe: http://www.bundestag.de/aktuell/bp/00/bp0010/0010017.htm.
Literatur:
Berg, Hans-Joachim; Zum gesetzlichen Verbot eines uneingeschränkten
Dienstes von Frauen in den Streitkräften, in: Neue Zeitschrift für Wehrrecht
(NZWehrr) 1979, 81-90.
Brocker, Lars; Frauen als Kombattanten, in: Zeitschrift für Rechtspolitik
(ZRP) 1996, 127f.
Dietrich, Sascha; Frauen zu den Waffen, in Neue Zeitschrift für
Wehrrecht (NZWehrr) 2000, 102-117.
v. Mangoldt, Hermann / Klein, Friedrich / Starck, Christian; Das
Bonner Grundgesetz; 4. Auflage, 1999.
Maunz, Theodor / Dürig, Günter; Grundgesetz, Kommentar, Stand 1999.
Oppermann, Thomas; Europarecht, 1999.
Schröder, Jan / Köster, Constantin; Nachhilfe vom EuGH: Frauen
an die Waffe!, in: Juristische Schulung (JuS) 2000, 543-546.
Slupik, Vera; Bewaffneter Dienst von Frauen in der Bundeswehr,
in: Zeitschrift für Rechtspolitik (ZRP) 1990, 305f.
Homepages:
EuGH-Urteile: http://europa.eu.int/cj/de/index.htm
Bundeswehr: http://www.bundeswehr.de/index_.html
Bundestagsdrucksachen: http://www.bundestag.de/datbk/datbk.htm
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